Start von Cape Canaveral (
KSC) und
Landung auf der Edwards
AFB, Runway 22.
Der Start war bereits für
den 21. März 1996 vorgesehen. Wegen zu starker Winde wurde aber bereits
die Betankung um einen Tag verschoben. Kurz nach dem Abheben von der Startrampe
registrierten die Ingenieure im Kontrollzentrum ein kleines Leck im
Hydraulikaggregat Nr. 3. Die Verlustrate lag bei 1 % der Gesamtmenge der
Flüssigkeit, sodass nach dem Einschwenken in die Erdumlaufbahn 15 bis 20 %
der Flüssigkeit verloren gegangen war. Nach eingehender Diskussion wurde
darauf verzichtet, einen sogenannten "Minimum Duration Flight"
durchzuführen. In diesem Fall wäre die Atlantis nach nur
eintägiger Kopplungszeit mit der
Mir zur Erde zurückgekehrt. Die Berechnungen der
Ingenieure ergaben jedoch, dass noch genügend Hydraulik-Flüssigkeit
für die Landung zur Verfügung stehen würde, da das Aggregat nur
während des Starts und der Landung benötigt wird.
Wesentliches Missionsziel war die
dritte Ankopplung eines Space Shuttle
an die russische Raumstation
Mir. Mit Shannon
Lucid sollte dabei erstmals eine amerikanische Astronautin
für einer Langzeitmission zu der Orbitalstation befördert werden.
Während der Kopplungszeit war ein Außenbordeinsatz im Rahmen der
EDFT-Reihe und zur Ausstattung des "
Docking
Module" (DM) geplant.
Nach dem Erreichen der Erdumlaufbahn wurden
die Frachtraumtüren geöffnet, das Spacehab aktiviert und die
Raumanzüge für die
EVA auf ihre Funktionsfähigkeit hin
überprüft. Zugleich wurde die Annäherung an die russische
Raumstation eingeleitet. Nach mehreren Triebwerkszündungen durch Kevin
Chilton und Richard
Searfoss erreichte die Atlantis am 23. März 1996 eine
Position etwa in 600 Meter Entfernung. Ab hier übernahm Kevin
Chilton die manuelle Steuerung des Orbiters. Er flog die
Atlantis zunächst zu einem 205 Meter entfernten Punkt direkt unterhalb der
Raumstation. Von hier aus flog er entlang des Radiusvektors bis auf 52 Meter an
die Station heran. Ab diesen Punkt erfolgte der Endanflug, der in der
zeitgerechten Ankopplung mündete.
Nach dem Abschluss der
Dichtigkeitsprüfungen konnten zwei Stunden später die Luken
geöffnet werden. Es folgte die übliche Willkommenszeremonie im
Mir-Basisblock.
Gleich danach begannen die beiden Mannschaften mit dem Transfer von insgesamt
2.011 kg Versorgungsgüter für die Raumstation. Darunter befanden sich
680 Liter Wasser, drei frisch aufgeladene Batterien, ein neuer
Stabilisierungskreisel und 41 wissenschaftliche Experimente. Am Ende des
Flugtages wurde Shannon
Lucid als
Forschungskosmonautin offiziell Mitglied der der
21. Mir Stammbesatzung.
Hierzu wurde ihr speziell angepasster Schalensitz in das Raumschiff
Sojus TM-23 eingebaut. Dies erfolgte
für den Notfall, falls eine Rückkehr zur Erde erforderlich werden
sollte, bevor Shannon
Lucid mit
STS-79
wieder abgeholt wird.
Während des gemeinsamen Fluges mit der
21. Mir Stammbesatzung
(24. - 29. März 1996) wurde eine
EVA durch Linda
Godwin und Michael
Clifford am 27. März 1996 (6h 02m) unternommen. Dabei
wurde das Experimentierpaket
MEEP (Mir Environmental Effects Payload) mit 4
unterschiedlichen Experimenten am
Docking
Module der Raumstation angebracht. Mit dem Polished Plate Micrometeorid
Debris Collector (PPMDC) wurde die Anzahl und Stärke von
Mikrometeoriteneinschlägen ermittelt. Es ließen sich außerdem
Aussagen über Größe, Ursprung und Wirkung der Staubteilchen
machen. Beim
Orbital Debris Collector (ODC) handelte es sich um einen
weiteren Staubsammler. Damit wurden sowohl vom Menschen verursachte
Verunreinigungen als auch kosmische Partikel eingesammelt. Komplettiert wurde
der Experimentalkomplex von zwei Päckchen mit unterschiedlichen
Materialien, die beim Bau der Internationalen Raumstation zum Einsatz kommen
sollen (
POSA I und II). Dazu gehörten Farbschichten, Glas,
mehrlagiges Isolationsmaterial und verschiedene Metalle. Alle vier Experimente
sollten in etwa 18 Monaten wieder abgebaut und zur näheren Untersuchung
auf die Erde transportiert werden. Zudem wurden neue Halteleinen und
Fußhalterungen erprobt und eine Videokamera vom Kopplungsmodul
demontiert. Zum zweiten Mal hatten die Raumfahrer das Rettungspaket
SAFER (Simplified Aid For
EVA Rescue) zur Verfügung. Dabei handelt es sich
um eine kleine Manövriereinheit mit 24 Stickstoffdüsen, mit denen
sich ein in Not geratener Astronaut zurück zum Shuttle bewegen kann. Die
Geräte sind auf dem Rücken der Raumfahrer montiert und erreichen eine
maximale Geschwindigkeitsänderung von drei Metern pro Sekunde.
Normalerweise werden die Astronauten aber durch Sicherungsleinen vor einem
Abdriften vom Raumfahrzeug bewahrt. Zusätzlich testeten beide Astronauten
im Rahmen des
EDFT-Programmes ein Sicherheitsgurtband und eine
tragbare Fußhalterung. Letztlich demontierten sie noch die
DM-Rendezvouskamera,
die nur bei der Ankopplung des
DM
während der Mission
STS-74
gebraucht wurde.
Im Spacehab war das von der
ESA entwickelte
BioRack im Einsatz. Mit ihm
sollte die Widerstandsfähigkeit gegen kosmische Strahlung sowie die
Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf verschiedene biologische Proben erforscht
werden. Untersuchungsobjekte waren Knochengewebe, hematopoietische Zellen, das
Enzym PKC, Pflanzenwurzeln und Pflanzenzellen. Erstmals zum Einsatz kam das
Experiment KidSat, mit dem amerikanische Schüler selbst die Steuerung
einer Kamera übernehmen konnten. Deren Bilder wurden anschließend
direkt in die beteiligten Schulen übermittelt. Mit dem
Shuttle Amateur
Radio Experiment (SAREX) konnten außerdem Schüler- und
Studentengruppen mit den Raumfahrern in direkten Funkkontakt treten.
SAREX ist seit vielen Jahren Bestandteil des
Shuttle-Programms.
Weitere Untersuchungen an Bord der Atlantis betrafen
die Messung von Interferenzsignalen im Bereich von 400 MHz bis 18 GHz in der
Umgebung der russischen Raumstation (
Experiment MEFC) und Messungen der
Intensität eines erst vor wenigen Jahren entdeckten Gürtels
niederenergetischer Teilchenstrahlung (TRIS), bei dem insbesondere die
Gefährdung von empfindlichen elektronischen Geräten und Raumfahrern
bei Außenbordarbeiten im Mittelpunkt des Interesses steht. Mit Hilfe von
Polycarbonat-Detektoren lassen sich Art, Energie und Einschlagrichtung der
Partikel bestimmen. Außerdem will man theoretische Aussagen darüber
gewinnen, wie die elektrisch geladenen Kerne vom Magnetfeld der Erde
eingefangen werden. Durchgeführt wurden des Weiteren Experimente zur
Diffusion von Flüssigkeiten (
QUELD), zur Herstellung von
Proteinkristallen für medizinische Zwecke, zur Erprobung eines neuen
Gasanalysesystems (
GASMAP) und zur drahtlosen Vernetzung von Computern
(
WNE).
Nachdem sich die beiden Mannschaften voneinander
verabschiedet hatten, wurden die Luken zwischen dem Orbiter und der Raumstation
wieder verschlossen. Für eine letzte Schlafperiode blieben die beiden
Raumflugkörper noch miteinander verbunden, ehe Kevin
Chilton die Abkopplung einleitete. In 183 Metern Entfernung
stoppte er die Atlantis und leitete den üblichen Inspektionsrundflug um
die
Mir ein, der von Richard
Searfoss ausgeführt wurde. Eine Stunde später
zündeten die beiden Piloten die Steuerungsdüsen, sodass die Atlantis
sich auf einer niedrigeren Umlaufbahn bewegte und somit nach vorn wegflog.
Während der Kopplung hatte die Flugleitung den Astronauten
mitgeteilt, dass die Mission wegen einer herannahenden Schlechtwetterfront um
einen Tag gekürzt werden soll. Das Wetter war jedoch schneller als
erwartet und so bestand an diesem Tag, dem 30. März 1996, keine
Landemöglichkeit in Florida. Als die Besatzung die bereits geschlossenen
Ladebuchttüren öffnen wollte, zeigten Sensoren an, dass sich einer
der Haken nicht öffnen ließ. Ein Space Shuttle kann aber nur etwa
viereinhalb Stunden mit geschlossenen Türen fliegen, ehe es
überhitzt. Daher wurden sofort Pläne für eine Notlandung auf der
Edwards
AFB oder in White Sands entworfen.
Glücklicherweise stellten sich die Sensoranzeigen als fehlerhaft heraus
und die Ladebuchttüren konnten erneut geöffnet werden. Da auch am
folgenden Tag wegen tiefhängender Wolken eine Landung in Florida
ausgeschlossen war, wurde die Atlantis zur Edwards
AFB beordert.